Da sitzt er, der gefeierte Klangvirtuose, der Meister der Beat-Manipulation, und jettet für ein dreistündiges Set um den halben Erdball. Von Ibiza nach Tokio, von Miami nach Berlin – die Flugmeilen sammeln sich schneller als die Likes auf seinem neuesten Instagram-Post. Und die Umweltbilanz? Nun ja, darüber schweigt man lieber. Erstaunlicherweise regt sich kaum jemand über diesen globalen Trip für ein paar Stunden Entertainment auf.

Ganz anders sieht die Sache beim „einfachen Mann“ aus. Da wird jedes bisschen CO2-Ausstoß akribisch beäugt. Die kurze Autofahrt zum Supermarkt, der einmal im Jahr gebuchte Flug in den Urlaub – hier wird das vermeintliche klimaschädliche Verhalten mit erhobenem Zeigefinger moniert und das schlechte Gewissen gleich mitgeliefert.

Diese Diskrepanz wirft unweigerlich Fragen auf. Ist es tatsächlich so, dass niemand die ökologischen Auswirkungen dieser exzessiven DJ-Reiserei durchschaut? Oder wird hier mit zweierlei Maß gemessen? Die „Notwendigkeit“ dieser langen Reisen wird oft mit dem kulturellen Austausch, der globalen Vernetzung der Musikszene und natürlich dem unstillbaren Wunsch der Fans nach dem Auftritt ihres Idols argumentiert. Doch ist diese „Notwendigkeit“ wirklich so zwingend, dass sie die enormen Emissionen rechtfertigt?

Man könnte spitzfindig argumentieren, dass die Freude und Inspiration, die ein solcher DJ-Auftritt bringt, einen immensen immateriellen Wert hat, der die Umweltbelastung aufwiegt. Man könnte auch anführen, dass im globalen Maßstab die Emissionen einzelner Flugreisen von Prominenten kaum ins Gewicht fallen. Aber ist das wirklich die ganze Wahrheit?

Die Realität ist wohl komplexer. Die Bewunderung für den Star, die Faszination der globalen Musikszene und vielleicht auch eine gewisse Gewohnheit, solche Exzesse als „normal“ anzusehen, führen dazu, dass wir hier gerne ein Auge zudrücken. Beim „kleinen Mann“ hingegen, dessen Handlungen direkter und greifbarer erscheinen, fällt die Kritik leichter.

Es ist ein bisschen so, als würde man im eigenen Haus penibel auf Mülltrennung achten, während der Nachbar mit seinem SUV jeden Morgen die Straße blockiert. Die unmittelbare Nähe macht den einen zum Sündenbock, während die ferne „Notwendigkeit“ des anderen akzeptiert wird.

Ob das nun an mangelnder Ahnung liegt, wie der einleitende Satz provokant in den Raum wirft, sei dahingestellt. Wahrscheinlicher ist eine Mischung aus selektiver Wahrnehmung, dem Wunsch, die Idole nicht vom Sockel zu stoßen, und der Komplexität, globale Zusammenhänge wirklich zu durchdringen.

Fest steht: Die Debatte um Klimaschutz und individuelle Verantwortung ist oft von Ungleichheiten und blinden Flecken geprägt. Während der eine für seine vermeintlichen „Klimasünden“ angeprangert wird, genießt der andere aufgrund seines Status oder seiner „Notwendigkeit“ eine Art ökologischen Freifahrtschein. Eine ehrliche und konsequente Auseinandersetzung mit den tatsächlichen Auswirkungen unseres Handelns – egal ob im kleinen oder großen Maßstab – sieht wohl anders aus.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert