Liebe Freunde des gepflegten Konsums (oder eben dessen bewussten Vermeidung), lasst uns heute eine weitere Blüten treiben im trüben Garten der Online-Werbung. Wir haben bereits festgestellt, dass die Relevanz oft auf der Strecke bleibt. Aber warum eigentlich? Ein nicht unerheblicher Teil der Antwort könnte in der Beschaffenheit der beworbenen Produkte und Dienstleistungen selbst liegen.
Mal ehrlich, was wird uns da tagtäglich in grellen Farben und mit aufdringlicher Musik ins digitale Gesicht geklatscht? Oft sind es Dinge, deren tatsächlicher Nutzwert bestenfalls fragwürdig ist. Der x-te „Game Changer“, der unser Leben um 0,05% verbessert (wenn überhaupt). Das „Must-have“, von dem wir gestern noch nicht wussten, dass wir es brauchen, und morgen schon wieder vergessen haben. Die „Revolution“, die eigentlich nur eine leicht veränderte Version des Vorgängermodells ist – zum doppelten Preis, versteht sich.
Man könnte fast den Eindruck gewinnen, dass genau das beworben werden muss, was eigentlich keinen wirklichen intrinsischen Wert besitzt. Weil es eben nicht von selbst läuft, weil die Nutzer nicht Schlange stehen, weil die Notwendigkeit dieses Produkts oder dieser Dienstleistung erst künstlich erzeugt werden muss – durch eben jene omnipräsente, oft nervtötende Werbung.
Und was ist mit den Dingen, die uns tatsächlich interessieren könnten? Die Produkte oder Dienstleistungen, die ein echtes Problem lösen, eine Leidenschaft bedienen oder unser Leben auf sinnvolle Weise bereichern? Oft sucht man diese vergeblich in den Werbebannern und gesponserten Posts. Warum? Weil es sich für die Anbieter vielleicht „nicht rechnet“. Der Markt ist zu klein, die Gewinnmargen zu gering, die Zielgruppe zu anspruchsvoll, um auf jeden bunten Schrei anzuspringen.
Man könnte es auch anders formulieren: Die schrille, bunte Welt der sinnlosen Werbung ist scheinbar für die „verbimmelten Mainstream-Menschen“ gemacht. Jene, die empfänglich sind für kurzfristige Hypes, einfache Botschaften und den Reiz des vermeintlich Neuen und Aufregenden. Diejenigen hingegen, die eher gemäßigt, niveauvoll und an nachhaltigen Werten orientiert sind, die springen eben nicht auf jeden digitalen Müllhaufen. Sie durchschauen die leeren Versprechungen und die aufgesetzte Begeisterung.
Das ist natürlich eine leicht ironische Zuspitzung. Aber es steckt ein wahrer Kern darin. Wer wirklich an hochwertigen, langlebigen oder ethisch produzierten Gütern interessiert ist, der wird sich kaum von einer blinkenden Ad mit drei Ausrufezeichen und dem Versprechen des „ultimativen Super-Deals“ überzeugen lassen. Diese Zielgruppe ist oft informierter, recherchiert gründlicher und lässt sich nicht von oberflächlichem Marketing-Getöse beeindrucken.
Das traurige Paradoxon ist also: Die Werbewelt wird von Produkten und Botschaften geflutet, die oft keinen echten Mehrwert bieten und daher aggressiv beworben werden müssen. Gleichzeitig bleiben viele wertvolle, interessante und nachhaltige Angebote im digitalen Rauschen ungehört, weil sich die aufwendige und differenzierte Kommunikation für eine anspruchsvollere Zielgruppe scheinbar nicht im gleichen Maße „lohnt“.
So surfen wir durch eine digitale Landschaft, in der uns ständig das Sinnlose ins Auge springt, während das Wertvolle im Verborgenen blüht. Es ist ein bisschen wie auf einem Jahrmarkt, auf dem die lautesten und grellsten Buden die meiste Aufmerksamkeit bekommen, während die wirklich interessanten Attraktionen in einer ruhigen Ecke darauf warten, entdeckt zu werden.
Vielleicht liegt die Hoffnung ja darin, dass immer mehr Menschen die blinkende Fassade durchschauen und lernen, ihre Aufmerksamkeit bewusst auf das zu lenken, was wirklich zählt. Bis dahin bleibt uns wohl nichts anderes übrig, als ein müdes Lächeln für die nächste „Revolution“ zu verschwenden, die eigentlich nur ein alter Hut mit neuer Schleife ist. Und uns insgeheim nach einer digitalen Welt zu sehnen, in der Sinn und Wert wieder mehr zählen als schriller Lärm und bunte Ablenkung. Die „verbimmelten Mainstream-Menschen“ mögen ihre Freude an der Dauerberieselung haben – die anderen suchen weiter nach dem Echten, dem Gehaltvollen, dem Unbeworbenen. Und manchmal, ganz selten, findet man es ja auch.