Okay, liebe junge Bands, aufgepasst. Ihr seid voller Elan, habt die Proberäume unsicher gemacht und ein paar Songs, die die Welt verändern werden. Jetzt kommt der nächste große Schritt: das Image. Und da fangen die meisten an zu kramen, zu überlegen, zu brainstormen. Man will ja nicht nur klingen, sondern auch aussehen wie ein Star, oder? Ein künstlerisches Element, das euch unvergesslich macht!
Und genau hier kommt die harte Wahrheit, die euch niemand gerne ins Gesicht sagt, weil sie so ernüchternd ist: Es gab alles schon mal. Ja, wirklich alles.
Denkt mal drüber nach:
Der Zylinderhut: Vergeben. Mehrfach.
Ihr habt eine coole Melodie, einen leicht melancholischen Text, und denkt: „Ein Zylinderhut! Das ist exzentrisch, mysteriös, und total mein Ding!“ Bevor ihr den Hutladen stürmt, haltet inne. Der Zylinderhut ist seit dem 19. Jahrhundert im Einsatz, von Aristokraten über Magier bis hin zu … nun ja, Slash von Guns N‘ Roses hat das Ding so dermaßen zu seinem Markenzeichen gemacht, dass ihr im besten Fall als sein Cover-Act durchgeht. Oder als besonders schlecht gelaunter Zauberlehrling. Wollen wir das? Eher nicht.
Die Gummistiefel: Nur echt mit Schlamm
Ihr wollt den bodenständigen, aber schrägen Look? „Gummistiefel! Das ist authentisch, unkonventionell!“ Tja, liebe Freunde der Regenkultur, die Gummistiefel wurden schon von diversen Indie-Bands im Kontext von Glastonbury und ähnlichen Matsch-Festivals zum Symbol für „Wir sind real und scheuen keinen Schlamm“ erhoben. Wenn eure Gummistiefel nicht mindestens eine Tonne echten Ackerboden an sich haben, seht ihr einfach nur aus, als hättet ihr vergessen, die Schuhe zu wechseln, nachdem ihr den Kompost entsorgt habt.
Die 70er Jahre Stehlampe auf der Bühne: Nur für den Sperrmüll-Look
Ihr seid auf dem Retro-Trip und denkt: „Eine alte Stehlampe im 70er-Jahre-Stil! Das ist so gemütlich-weird und avantgardistisch!“ Jede zweite Bar, die sich „gemütlich und alternativ“ nennt, hat schon so ein Ding. Auf der Bühne wirkt es im besten Fall so, als hättet ihr beim Ausmisten des Proberaums plötzlich Lust bekommen, ein bisschen Licht ins Dunkel zu bringen. Im schlimmsten Fall verwechselt euch das Publikum mit dem neuen Einrichtungshaus.
Der Band-Uniform-Look: Verwechslungsgefahr inklusive
„Wir treten im Partnerlook auf! Einheitlich, stark, wir sind eine Crew!“ Von den Beatles über die Ramones bis hin zu unzähligen Boybands – der Uniform-Look ist so alt wie die Musikindustrie selbst. Wenn ihr nicht gerade vorhabt, als Zeugen Jehovas, Mechaniker oder Bauarbeiter aufzutreten (was wiederum auch schon vergeben ist), lauft ihr Gefahr, mit jeder anderen Band verwechselt zu werden, die auch nur ein bisschen zu viel Wert auf ihre Garderobe legt. Die Individualität geht flöten, und im schlimmsten Fall seht ihr aus wie der Chor beim Schulfest.
Masken: Die geheimnisvollen Unbekannten (die wir alle schon kennen)
„Wir sind maskiert! Das ist mysteriös, spooky, da kann sich jeder reininterpretieren!“ Von GWAR über Slipknot bis Daft Punk – Masken sind das A und O der Anonymität im Musikbusiness. Und wisst ihr, was das Problem ist? Jeder weiß inzwischen, dass unter der Maske ein Mensch steckt. Die Maske selbst ist das Klischee geworden. Wenn ihr nicht gerade vorhabt, mit euren Masken ein völlig neues Genre zu erschaffen (z.B. Heavy Metal mit Gemüsemasken), seid ihr nur eine weitere Band, die man nicht erkennt.
Braucht man sowas überhaupt? Die große Frage!
Die Wahrheit ist: Nein, ihr braucht es nicht unbedingt. Was ihr wirklich braucht, ist authentische Musik und eine Persönlichkeit, die durchscheint, egal, ob ihr im Zylinderhut oder in der Jogginghose auf der Bühne steht.
Der beste „Look“ ist der, der sich aus eurer Musik und eurem Wesen ergibt. Wenn ihr Gummistiefel tragt, weil ihr tatsächlich ständig in matschigen Feldern komponiert und die Stiefel ein Teil eurer realen Welt sind – super! Wenn der Zylinderhut einfach euer Ding ist und ihr ihn auch zum Einkaufen tragen würdet – großartig! Aber wenn es nur ein Versuch ist, „anders“ zu wirken oder eine Lücke im Markt zu füllen, wird das Publikum es riechen. Und das riecht dann nicht nach Erfolg, sondern nach Anstrengung.
Konzentriert euch auf eure Songs, eure Performance und die ehrliche Energie, die ihr auf die Bühne bringt. Das ist einzigartig, weil es euch einzigartig macht. Der Rest? Kann kommen, muss aber nicht. Und wenn doch, dann lasst es organisch aus eurer Musik entstehen. Oder mietet euch einfach eine gute Beleuchtung – die macht auch schon viel her!