Er hört Klaus Schulze und Tangerine Dream. Sie hört PUR und Schlager. Was sagt uns das?

Ein gefundenes Fressen für die musikalische Psychologie des Beziehungsalltags! Dieses Phänomen der diametral entgegengesetzten musikalischen Präferenzen in Partnerschaften ist in der Tat eine amüsante Beobachtung. Da sitzt er, der Herr des Hauses, vertieft in die sphärischen Klangwelten von Jarre, Schulze oder den psychedelischen Reisen Tangerine Dreams, während aus dem Nebenraum die gefühlvollen Ergüsse von PUR, der eingängige Schlager-Beat oder die bodenständigen Klänge einer Kerstin Ott herüberschwappen. Ein akustischer Clash der Kulturen im heimischen Wohnzimmer!

Nun könnte man natürlich geneigt sein, in Schubladen zu denken. Die These von der „oberflächlichen und trivialen“ Musik, für die Frauen angeblich empfänglicher seien, ist natürlich herrlich polemisch und birgt genügend Zündstoff für hitzige Diskussionen beim nächsten Paarabend (vielleicht lieber nicht!). Man könnte aber auch, mit einem Augenzwinkern, die These der „Offenheit für Neues“ ins Feld führen. Schließlich wagen sich die Damen anscheinend in musikalische Gefilde, die ihre Partner geflissentlich meiden.

Tnd Musikgeschmack Schlager Krautrock Psychedelic 2

Und da kommt der spitzfindige Gatte ins Spiel, der natürlich sofort kontert: „Offen für Neues“ muss ja nicht per se ein Qualitätsmerkmal sein. Es könnte ja auch schlichtweg die – nun ja – leichte Verdaulichkeit dieser Musik beschreiben. Ein musikalisches Fast-Food sozusagen, das schnell konsumiert ist und keine tieferen kognitiven Anstrengungen erfordert. Die Herren der elektronischen Klangkunst hingegen verharren oft jahrelang in ihren wohlvertrauten Sphären. Ist das nun „engstirnig“? Oder zeugt es von einer tiefen Überzeugung, einer musikalischen Standhaftigkeit, die sich nicht von kurzlebigen Trends beirren lässt? Man könnte es auch als „musikalische Treue“ adeln.

Fest steht: Der musikalische Geschmack ist ein faszinierendes Fenster zur Seele. Er verrät uns etwas über unsere Präferenzen, unsere emotionalen Welten, vielleicht sogar über unsere Persönlichkeitsstruktur. Der progressive Elektronik-Fan sucht möglicherweise nach komplexen Klanglandschaften und introspektiven Reisen, während der Schlagerliebhaber vielleicht die einfache, eingängige Melodie und die oft unkomplizierten Emotionen schätzt.

Die Wahrheit ist wahrscheinlich, dass es keine allgemeingültige Antwort auf dieses musikalische Ehe-Dilemma gibt. Es ist ein Spiegelbild der individuellen Unterschiede, der verschiedenen emotionalen Bedürfnisse und der Art und Weise, wie Menschen Musik erleben und in ihr Trost, Freude oder eben einfach nur Unterhaltung suchen. Und vielleicht ist es ja gerade dieser musikalische Kontrast, der eine Beziehung so spannend und – zumindest akustisch – abwechslungsreich macht. Solange sich beide Parteien im heimischen Wohnzimmer nicht permanent mit Kopfhörern verschanzen, ist diese musikalische Diversität vielleicht sogar ein Zeichen dafür, dass in der Beziehung genügend Raum für individuelle Entfaltung und – nun ja – für sehr unterschiedliche Playlists ist.