Die Verwendung des Begriffs „Audiozubereitung“ in Bezug auf zeitgenössische Popmusik ist ein interessanter Ansatz, der jedoch kritisch zu hinterfragen ist.
In der Lebensmittelindustrie muss der Begriff „Lebensmittelzubereitung“ benutzt werden, wenn das Produkt keiner eindeutigen Klasse entspricht, also sehr minderwertig ist. Nun kommen aus verschiedenen Ecken Überlegungen ob man das auch in der Musikindustrie einführen sollte. Wenn ein Produkt so schlecht ist, dass man nicht mehr von Komposition oder Lied reden kann, muss der „Künstler“ das Ganze als „Audiozubereitung“ deklarieren.
Ist das eine Strategie?
Der Begriff impliziert eine mechanistische, beinahe industrielle Herangehensweise an die Musikproduktion, die im Gegensatz zu traditionellen Konzepten der Komposition steht. Während es unbestritten ist, dass die technologischen Fortschritte der letzten Jahrzehnte die Möglichkeiten der Musikproduktion revolutioniert haben und dass viele aktuelle Popstücke auf einer Vielzahl von Samples, Loops und digitalen Effekten basieren, ist es reduktionistisch, alle zeitgenössische Popmusik als bloße „Audiozubereitung“ abzutun.
Folgende Aspekte sollten bei einer solchen Bewertung berücksichtigt werden:
- Ästhetische Vielfalt: Die Popmusiklandschaft ist äußerst heterogen. Neben kommerziell orientierter Musik, die oft als „formatiert“ oder „produziert“ wahrgenommen wird, gibt es zahlreiche Künstler, die innovative und experimentelle Klänge erforschen und sich an klassischen Kompositionstechniken orientieren.
- Kulturelle Kontextualisierung: Musik ist immer ein Produkt ihrer Zeit und ihres kulturellen Umfelds. Die Dominanz bestimmter Produktionspraktiken in der Popmusik spiegelt oft gesellschaftliche Trends und ästhetische Vorlieben wider.
- Subjektivität der Wahrnehmung: Was für den einen als „Audiozubereitung“ klingt, kann für den anderen ein hochästhetisches Erlebnis sein. Die Wahrnehmung von Musik ist subjektiv und hängt von individuellen Hörgewohnheiten, kulturellen Prägungen und emotionalen Zuständen ab.
Statt den Begriff „Audiozubereitung“ zu verwenden, könnte man folgende, nuanciertere Begriffe in Betracht ziehen:
- Sounddesign: Dieser Begriff betont den gestalterischen Aspekt der Musikproduktion und umfasst die gezielte Auswahl und Bearbeitung von Klängen.
- Sonic Branding: Hierbei geht es um die Schaffung eines charakteristischen Klangbildes für einen Künstler oder eine Marke.
- Postmoderne Komposition: Dieser Begriff deutet auf eine Auseinandersetzung mit den Traditionen der klassischen Musik und eine gleichzeitige Öffnung für neue Klangwelten hin.
Fazit:
Die Frage, ob aktuelle Popmusik eher als „Komposition“ oder als „Audiozubereitung“ bezeichnet werden sollte, ist nicht eindeutig zu beantworten. Es handelt sich vielmehr um ein Kontinuum, auf dem sich die einzelnen Werke je nach ihrem künstlerischen Anspruch und ihrer Produktionsweise verorten lassen. Eine pauschale Verurteilung der zeitgenössischen Popmusik als „Audiozubereitung“ greift zu kurz und vernachlässigt die Vielfalt und Komplexität dieses Genres.
Es ist wichtig, die Musikproduktion als einen kreativen Prozess zu verstehen, der sowohl auf Traditionen als auch auf Innovationen basiert. Die technologischen Entwicklungen der letzten Jahrzehnte haben neue Möglichkeiten eröffnet, Musik zu produzieren und zu konsumieren. Es liegt an uns, diese Entwicklungen kritisch zu begleiten und die Qualität der Musik anhand ihrer ästhetischen Wirkung und ihrer kulturellen Bedeutung zu beurteilen.