Das sagt dir so keiner, wenn du mit leuchtenden Augen und einer Gitarre um den Hals von der großen Bühne träumst: Die Musikbranche ist nicht nur ein Ort der Kreativität, sondern auch ein Haifischbecken voller Fallstricke, besonders für junge Bands und Newcomer. Und eine der tückischsten Fallen ist die Versuchung, sich für alles und jeden zu instrumentalisieren.
Sei Musiker, kein Apostel! Kein Sprachrohr! Keine Projektionsfläche!
Du willst gehört werden, das ist klar. Jeder Newcomer giert nach Aufmerksamkeit, nach einem Like, einem Share, einer Erwähnung. Und da kommt sie, die scheinbar goldene Gelegenheit: Eine Kampagne für den Schutz der seltenen sibirischen Eichhörnchen? Ein Aufruf zur Rettung des vom Aussterben bedrohten Kaugummiautomaten an der Ecke? Oder vielleicht doch der ganz große politische Wurf, um den Weltfrieden mit deiner Ukulele herbeizuspielen?
Plötzlich bist du nicht mehr die coole Band, die mitreißende Songs macht, sondern das Gesicht einer Bewegung. Du stehst auf Podien, liest Manifeste vor, die dir jemand anderes geschrieben hat, und postest fleißig Phrasen, die klingen, als kämen sie direkt aus einer PR-Agentur für gute Zwecke. Dein Feed ist voll von ernsthaften Gesichtern und bedeutungsschweren Hashtags. Und im besten Fall gibt’s dafür ein paar wohlwollende Artikelchen in der Lokalpresse oder einen warmen Applaus von der „richtigen“ Seite.
Der Promi-Bonus vs. die Newcomer-Falle
Hier kommt der Haken, den du unbedingt verstehen musst: Für berühmte Stars ist das alles ein Geschäft. Wenn sie sich öffentlich für etwas einsetzen, bekommen sie dafür in der Regel Geld. Viel Geld. Für eine Kampagne, für eine Rede, für ein paar Fotos. Das ist Teil ihrer „Brand“, die sie teuer verkaufen. Sie sind etabliert, haben ihre Millionen auf dem Konto und können es sich leisten, wählerisch zu sein oder auch mal eine vermeintlich „kontroverse“ Meinung zu vertreten (wenn sie denn gut bezahlt wird).
Du als Newcomer hingegen tust sowas oft freiwillig, manchmal sogar aus eigener Tasche. Nicht aus purer Nächstenliebe, sondern mit einer klaren, wenn auch unausgesprochenen Hoffnung: einen Vorteil zu bekommen. Ein bisschen Buzz, ein paar neue Follower, vielleicht eine Einladung zu einem Event, bei dem du dich wichtig fühlen kannst. Du opferst deine Zeit, deine Energie und vielleicht sogar deine künstlerische Authentizität in der Hoffnung, dass das den Turbo für deine Karriere zündet.
Die goldene Frage: „Hätte ich das auch dann gemacht, wenn ich kein aufstrebender Newcomer wäre?“
Das ist die Frage, die du dir immer stellen solltest, bevor du dich in den Dienst einer Sache stellst, die nicht direkt deine Musik betrifft.
- Hätte ich wirklich meine Samstagabende geopfert, um auf einer Demo zu stehen, wenn ich statt Gitarrist nur ein gelangweilter Büroangestellter wäre?
- Würde ich mich wirklich bis ins letzte Detail mit der Mikroökonomie des Fischfangs in der Arktis auseinandersetzen, wenn ich nicht hoffte, dadurch eine PR-Story für meine Band zu generieren?
- Wäre mir das Wohl der vom Aussterben bedrohten Ameisen wirklich so ein Herzensanliegen, wenn ich nicht wüsste, dass „Tierfreund“ ein gutes Image für einen Popstar ist?
Wenn die ehrliche Antwort „wahrscheinlich nicht“ lautet, dann überlege zweimal.
Deine Musik ist deine Botschaft
Deine primäre Aufgabe als Musiker ist es, Musik zu machen. Deine Botschaft, deine Überzeugungen, deine Persönlichkeit – all das kann und sollte sich in deinen Songs widerspiegeln. Wenn du dich wirklich für Umweltschutz, soziale Gerechtigkeit oder die Rechte der Einhörner einsetzen willst, dann schreib einen verdammten Song darüber! Lass deine Musik sprechen, statt dich in fremde Kampagnen einzuklinken.
Denn am Ende des Tages wollen die Leute deine Musik hören, nicht deine politischen Tweets. Und wenn du erfolgreich bist, wirst du immer noch Zeit (und vielleicht sogar das nötige Kleingeld) haben, dich für die Dinge einzusetzen, die dir wirklich am Herzen liegen. Aber tu es dann, weil du es willst, nicht, weil du hoffst, dass es dir ein paar Follower mehr bringt. Bleib Musiker. Das ist aufregend genug!
Denk drüber nach: Was ist deine eigentliche Mission – Musik oder Marketing?