Die Beobachtung, dass viele Musiker in der Musikindustrie der 60er und 70er Jahre als austauschbare Puzzlestücke betrachtet wurden, trifft den Nagel auf den Kopf. Diese Praxis war Teil eines größeren Systems, das darauf ausgerichtet war, Musik als kommerzielles Produkt zu maximieren und dabei die individuellen künstlerischen Visionen der Musiker oft hintenanzustellen.
Die Rolle der Plattenfirmen
Plattenfirmen fungierten als mächtige Gatekeeper, die über den Erfolg oder Misserfolg eines Künstlers entschieden. Sie hatten ein großes Interesse daran, Künstler zu formen und zu präsentieren, die sich leicht vermarkten ließen.
- Image-Engineering: Musiker wurden oft einem bestimmten Image verpasst, das zu ihrem musikalischen Stil und der Zielgruppe passte. Dies reichte von der Kleidung über die Frisur bis hin zur Bühnenpräsenz.
- Produktionsvorgaben: Produzenten und Toningenieure hatten oft großen Einfluss auf den Entstehungsprozess eines Albums. Sie entschieden über die Auswahl der Songs, die Arrangements und den Gesamtklang.
- Tourneepläne und Merchandise: Die Tourneen von Künstlern wurden minutiös geplant, um möglichst hohe Einnahmen zu erzielen. Gleichzeitig wurde ein umfangreiches Merchandise-Angebot entwickelt, um zusätzliche Einnahmequellen zu erschließen.
Die Auswirkungen auf die Künstler
Diese Praxis hatte erhebliche Auswirkungen auf die Künstler:
- Verlust der künstlerischen Kontrolle: Viele Musiker fühlten sich von den Plattenfirmen instrumentalisiert und hatten das Gefühl, ihre künstlerische Freiheit einzubüßen.
- Burnout: Der hohe Druck, kommerziell erfolgreich zu sein, führte bei vielen Künstlern zu Burnout und psychischen Problemen.
- Abhängigkeit: Künstler waren oft finanziell von den Plattenfirmen abhängig und mussten sich deren Bedingungen unterwerfen.
Gründe für diese Praxis
- Kommerzialisierung: Die Musikindustrie war zunehmend auf Profit ausgerichtet. Durch die Standardisierung von Produktionsabläufen und die gezielte Auswahl von Künstlern konnte das Risiko minimiert und der Gewinn maximiert werden.
- Konkurrenz: Der Wettbewerb unter den Plattenfirmen war groß. Um sich von den Konkurrenten abzuheben, wurden immer neue Trends und Künstler geschaffen.
- Zielgruppenorientierung: Die Musikindustrie versuchte, möglichst viele Zielgruppen anzusprechen und für jedes Segment passende Produkte anzubieten.
Ausnahmen und Veränderungen
Trotz dieser Entwicklungen gab es auch immer wieder Künstler, die sich dieser kommerziellen Logik widersetzten und ihre eigene künstlerische Vision verfolgten. Bands wie Pink Floyd oder The Velvet Underground sind Beispiele dafür, dass es auch innerhalb des Systems Möglichkeiten gab, künstlerische Freiheit zu erlangen.
In den folgenden Jahrzehnten hat sich die Musikindustrie stark verändert. Mit dem Aufkommen des Internets und der digitalen Distribution haben Künstler heute mehr Möglichkeiten, ihre Musik selbst zu vermarkten und ihre künstlerische Freiheit zu wahren. Dennoch sind auch heute noch viele der Mechanismen, die in den 60er und 70er Jahren entwickelt wurden, erkennbar.
Fazit
Die Instrumentalisierung von Musikern in der Musikindustrie der 60er und 70er Jahre war ein komplexes Phänomen, das durch eine Vielzahl von Faktoren bedingt war. Während diese Praxis zweifellos negative Auswirkungen auf viele Künstler hatte, hat sie auch dazu beigetragen, die Musiklandschaft zu prägen und neue musikalische Genres hervorzubringen.